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grieshaberWas verlagsangestellte Lektoren machen, kann man sich vorstellen. Was aber macht eine freie Lektorin eigentlich? Nessa Altura hat Friederike Schmitz gefragt, die in der Nähe von Frankfurt einen Lektoratsservice betreibt.

> Wie bist du darauf gekommen, Lektorate auf dem freien Markt anzubieten?

Das ist eine lange Geschichte, eine typische Frauenbiographie … Ich habe Germanistik, Politische Wissenschaften und Psychologie studiert, im Kultusministerium Baden-Württemberg gearbeitet und später an der Deutschen Schule in Buenos Aires unterrichtet. Nachdem meine Kinder aus dem Gröbsten heraus waren (und wir wieder in Deutschland), habe ich erst in einer Werbeagentur, dann in einem Verlag als Lektorin gearbeitet. Weil ich aber fand, dass dort nicht genug Sorgfalt auf die einzelnen Titel gelegt werden konnte/wurde, habe ich gekündigt und mich selbstständig gemacht.

> Wer sind deine Kunden?

Ich arbeite regelmäßig für einige kleinere Verlage, vorwiegend jedoch sind Autorinnen und Autoren meine Kunden. Solche, die ihr Manuskript schon fertig haben, aber auch solche, die erst begonnen haben und, nach einem ersten Feedback aus ihrer Umgebung eine fachkompetente Beratung suchen, wie es weitergehen soll. – Ich redigiere aber auch Newsletter und Kundenmagazine. Halt alles, wo das richtige Wort, der treffende Ausdruck wichtig ist.

> Was ist an dieser Arbeit so befriedigend?

Ich komme immer wieder ins Staunen, dass ich nun (auch) beruflich mit dem für mich Wichtigsten und Schönsten zu tun habe: mit Menschen und mit Sprache. Und dass ich so lange an einem Titel arbeiten darf, bis Autor und Lektor sagen: Nun ist es gut.

> Hat dich das Hin und Her der Rechtschreibreform sehr belastet?

Zwischenrein fand ich es schon ziemlich lästig; es hat einiges an Zeit „vernichtet“ und an Fortbildung gebraucht. Inzwischen ist das sozusagen vergessen und ich sehe, dass die endlosen Diskussionen eine noch größere Sensibilisierung für die Sprache bewirkt haben.

> Kann man die Hauptfehler der Autoren, die deine Hilfe suchen, klassifizieren?

Nein. Aber allen gemeinsam ist das Staunen darüber, dass man sich so akribisch mit Sprache auseinandersetzen kann, wie ich es tue. Akademiker und besonders mit Sprache Befasste bilden da übrigens keine Ausnahme, wenn auch möglicherweise auf einem anderen Niveau.

> Gibt es uneinsichtige Autoren?

Das ist in 12 Jahren nur einmal vorgekommen. Ein Autor warf mir (nach dem Druck) Verschlimmbesserungen an seinem Text vor – obwohl ich alle Änderungen begründen und belegen konnte und, vor allem, alle mit ihm abgesprochen hatte bzw. ihn darauf aufmerksam gemacht hatte . Daraus habe ich gelernt, dass es auch eigene Sprachwelten geben kann – und dass ich sie teils respektieren muss. Das ist mir eh das Liebste: Strittige Fragen gemeinsam mit dem Autor, mit der Autorin zu klären.

> Was kostet der Service?

Eine Beratungsstunde (gern bei mir am großen Tisch) kostet 28 Euro zzgl. MwSt. (Ich befinde mich damit am unteren Ende des Spektrums dessen, was der Lektorenverband empfiehlt, www.vfll.de) Wenn es um die Bearbeitung ganzer Manuskripte geht, mache ich zuerst ein (kostenloses) Probelektorat von einigen Seiten. Danach einigen wir uns, ob nur ein Korrektorat (Beseitigung von Grammatik-, Orthografie- und Interpunktionsfehlern) gemacht werden soll oder ein Lektorat nötig ist. Und ob ich nach Zeitaufwand oder nach Zeichenzahl abrechnen soll.

> Vermittelst du auch die Texte, die dir gelungen erscheinen, an Verlage?

Manchmal, wenn ich eine passende Stelle weiß. Aber ich sehe mich als Sprach-Doktorin, nicht als Literaturagentin. Für das Vermitteln eines fertigen Manuskripts sind dann wieder andere da.

> Komische Anekdoten?

Der Psychotherapeut, der selbst therapeutische Hilfe braucht und sie bei seiner Lektorin sucht.

> Was bedeutet Prolitera eigentlich?

Das Wort „Litera“ wird im Duden Universalwörterbuch so erklärt: „Li|te|ra, die; -, -s u. ...rä [lat. littera= Buchstabe]: … (veraltet) Buchstabe: Absatz, Abk.: Lit. od. lit.“ Pro-Litera bedeutet folglich: Auf den Buchstaben! Es lebe der Buchstabe! Es lebe die Sprachgenauigkeit – Ein Prosit auf die Literatur und das geschriebene Wort.

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